608126 SE Neuere deutsche Sprache (Gr. C): Sprachvariation in historischen Briefen

Wintersemester 2024/2025 | Stand: 17.09.2024 LV auf Merkliste setzen
608126
SE Neuere deutsche Sprache (Gr. C): Sprachvariation in historischen Briefen
SE 2
5
wöch.
semestral
Deutsch

Fertigkeit zur Aufarbeitung und kritischen Reflexion des Forschungsstands bezogen auf ein ausgewähltes Thema; Kompetenz in der Anwendung dieses Wissens auf eine konkrete linguistische Fragestellung; Versiertheit in der Analyse von Texten und Äußerungen unter verschiedenen sprachwissenschaftlichen Perspektiven; Fertigkeit zur Abfassung einer schlüssigen, wissenschaftlichen Normen entsprechenden Darstellung der erzielten Ergebnisse im Rahmen einer Seminararbeit.

Linguistische Variation ist ein wesentliches Merkmal der Sprachproduktion. Unsere regionale Herkunft, unser Alter, unser Geschlecht, unsere Bildung und unser sozioökonomischer Status hinterlassen Spuren in der Art, wie wir schreiben und sprechen. Gleichzeitig ist die Sprache eines Individuums nicht deterministisch durch seine soziale Dimension bestimmt. Es gehört zu den wichtigsten Erkenntnissen der “third-wave” Soziolinguistik, dass jedes Individuum über ein breites Spektrum an sprachlichen Repertoires verfügt und aktiv wählen kann, welche Varianten es beim Sprechen oder Schreiben verwenden möchte. Mehr oder weniger bewusst wählt jedes Individuum (selbst wenn es aus einer unteren sozialen Schicht stammt oder keine höhere Bildung genossen hat) beim Sprechen ständig zwischen Varianten und Repertoires, um ein bestimmtes kommunikatives Ziel zu erreichen, um ein bestimmtes Bild von sich selbst zu vermitteln, um seine Persönlichkeit oder seine Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe auszudrücken, kurzum, um eine soziale Bedeutung auszudrücken. Diese Art der Variation wird als stilistische oder intraindividuelle Variation bezeichnet.

Lange Zeit wurde die intraindividuelle Dimension der sprachlichen Variation in der Linguistik, und noch mehr in der historischen Linguistik, ignoriert. In den letzten Jahren ist jedoch in der historischen Soziolinguistik ein wachsendes Interesse an der Art und Weise entstanden, wie Menschen in der Vergangenheit Sprache zur Konstruktion sozialer Bedeutungen verwendet haben. In dem Bestreben, sich von dem Paradigma zu lösen, die Sprachgeschichte ausschließlich anhand der Sprache "bedeutender" Texte und Schriftsteller zu schreiben, bemüht sich die historische Soziolinguistik derzeit um eine umfassendere Geschichte der Sprache und der sprachlichen Variation, die auch die Sprache der Menschen aus den mittleren und unteren Schichten einbezieht, also der "einfachen" Menschen, die den Großteil der Gesellschaft ausmachen und von der Sprachgeschichte bisher oft ignoriert wurden.

Im Kurs werden wir uns anhand von Briefen aus dem 19. und 20. Jahrhundert mit der intrindividuellen Variation in der Vergangenheit beschäftigen. Wir werden uns insbesondere auf die Variation in der Orthographie, Morphologie, Syntax und Pragmatik konzentrieren.

Dabei werden wir entdecken, wie unsere Ur-Ur-Ur-Großeltern die Sprache in der privaten Kommunikation nutzten, um sich auszudrücken und sich in der Gesellschaft zu positionieren.

Vortrag der Dozentin, vorbereitende Lektüre und Diskussion von Forschungsliteratur, Korpusanalyse in Kleingruppen

Mitarbeit, Präsentation eines Posters zur eigenen Korpusanalyse, schriftliche Seminararbeit

  • Schiegg, Markus (2022): Flexible Schreiber in der Sprachgeschichte. Intraindividuelle Variation in Patientenbriefen (1850-1936). Heidelberg: Winter (open access:  https://www.winter-verlag.de/de/detail/978-3-8253-8575-0/Schiegg_Flexible_Schreiber_PDF/ )
  • Schiegg, Markus & Judith Huber (2023): Intra-Writer Variation in Historical Sociolinguistics. Oxford: Peter Lang (open access: https://www.peterlang.com/document/1303822 )
  • Werth, Alexander, Lars Bülow, Simone E. Pfenninger & Markus Schiegg (2021): Intra-individual Variation in Language, Berlin, Boston: De Gruyter Mouton (über ULB-VPN zugänglich: https://doi.org/10.1515/9783110743036 )

UF Deutsch: positiv absolvierte PM 5, 6 und 7

BA-Germanistik: positiv absolvierte PM 2, 6

Im Kurs werden historische Texte nach ihren morphologischen, graphematischen und syntaktischen Eigenschaften untersucht.

Der Kurs ist also v.a. für Studierende zu empfehlen, die besonders Freude an der Sprachanalyse haben und die sich für Sprachgeschichte, Sprachvariation und historische Soziolinguistik interessieren.

Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass die für das Seminar relevante Sekundärliteratur auf Deutsch UND Englisch ist!

siehe Termine
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Di 01.10.2024
10.15 - 11.45 online (Germanistik) online (Germanistik)
Di 08.10.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 15.10.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 22.10.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 29.10.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 05.11.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 12.11.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 19.11.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 26.11.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 03.12.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 10.12.2024
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 07.01.2025
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 14.01.2025
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 21.01.2025
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
Di 28.01.2025
10.15 - 11.45 40832 SR 40832 SR Barrierefrei
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