103674 SE Spezielle Kommunikations- und Handlungskompetenzen 2: Kindeswohlgefährdungen erkennen und darauf reagieren
Sommersemester 2024 | Stand: 01.02.2024 | LV auf Merkliste setzenDie Studierenden lernen zentrale Begriffe der Sozialpädagogik, v.a. des Kindeswohls und Erziehungsfähigkeit kennen und können dies in Bezug zu Debatten der Erziehungswissenschaft setzen. Sie können praxisbezogen Faktoren von Kindeswohlgefährdungen identifizieren und lernen Handlungskompetenzen, um darauf professionell zu reagieren. Sie können reflektieren, wann und in welchem Ausmaß solcher Interventionen gerechtfertigt sind, und erkennen die Zusammenhänge zwischen Intervention im Einzelfall, der institutionellen Struktur der Kinder und Jugendhilfe, dominanten Erziehungsnormen und gesellschaftlichen Machtverhältnissen.
Was stellt eine Kindeswohlgefährdung dar? Wie kann man dies feststellen, und wie hat sich dieser Begriff und unser gesellschaftliches Verständnis eines kindgerechten aufwachsen historisch verändert?
Die Debatte darum, was das „Wohl des Kindes" kennzeichnet, wird innerhalb der Erziehungswissenschaft häufig historisierend geführt. In der gesellschaftlichen Debatte und dem proffesionsspezifischen Kontext der in der Praxis tätigen Fachkräfte stärker wirksam sind disziplinäre Zugänge, welche aus der sozialen Arbeit oder der Psychologie stammen. sie stellen in vielen Fällen das Arbeitswissen von Fachkräften bereit, sodass auch dahinter stehende Menschenbilder konzeptuelle Vorstellungen von Kindeswohl stärker aus diesen disziplinären Zugängen wirksam sind.
Dieses Seminar möchte sich dem Feld der Intervention und Prävention von Kindeswohlgefährdung aus einer erziehungswissenschaftlichen Perspektive widmen. Im ersten Teil des Seminars wird dabei zunächst die gesetzliche Grundlage der Kinder und Jugendhilfe in Österreich vorgestellt sowie zentrale Begriffe und Konzepte zum Thema Kindeswohlgefährdung und Hilfen zur Erziehung.
Im zweiten Teil werden konkrete, in der Praxis häufiger auftretende kindeswohlgefährdende Umstände erörtert. Augenmerk liegt dabei insbesondere auf den folgenden: Physische und sexuelle Gewalt, Partnerschaftsgewalt und fehlender Schutz vor Dritten, Eltern-Kind-Entfremdung, emotionale Vernachlässigung und Missbrauch,psychische Erkrankung der Eltern, Suchterkrankungen der Eltern, religiös geprägte Sozialisation und Erziehungspraktiken sowie ideologische Indoktrination durch Eltern, soziale Benachteiligung und Armut. Dieser Teil wird von Studierenden in Form von Referaten erarbeitet.
Im dritten Teil des Seminare steht das Vorgehen zur Identifikation dieser Umstände und das praktische Reagieren im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe im Zentrum, wie aber auch ethische Debatten um professionelles Handeln großen Raum haben werden. Die Frage richtet sich hierbei insbesondere nach der Legitimität der Intervention und der Problematisierung der Machtverhältnisse, in deren Kontext die Arbeit der Kinder und Jugendhilfe geschieht. Es stellt sich dabei auch die Frage, wie die Erziehungswissenschaft als Disziplin sich in diesem Spannungsfeld positionieren kann und soll. Besonders bei der Frage der Begutachtung zur Feststellung der Erziehungsfähigkeit, die im historischen Kontext u.a. bei Michel Foucault als problematisches Machtinstrument zur Durchsetzung von Erziehungsnormen genannt wurde, stellt sich dies in besonderem Maße. Die Frage lautet also, ob, inwieweit, mit welchen Mitteln und auf Basis welches Wissens es aus der Sicht der Disziplin der Erziehungswissenschaft als legitime Aufgabe des Staates empfunden werden kann, zur Sicherung des Kindeswohls in Familienverhältnisse einzugreifen.
Diskussion und Referate
kontinuierliche Anwesenheit, Beteiligung im Seminar und Referate in Kleingruppen sowie deren Verschriftlichung
Kindler, H., Lillig, S., Blüml, H., Meysen, T., & Werner, A. (2006). Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). Deutsches Jugendinstitut, München.
Dettenborn, H., & Walter, E. (2016). Familienrechtspsychologie (Vol. 8232). UTB.
Salzgeber, J. (2021). Familienpsychologische Gutachten. Rechtliche Vorgaben und sachverständiges Vorgehen. 4. überab. u. erw. Beck.
weitere Literatur wird im Seminar bekannt gegeben
positiver Abschluss der Module 1-6, 12 und 16
- SDG 3 - Gesundheit und Wohlergehen: Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern
- SDG 16 - Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen